Wirtschaft & Politik

Schuldenpolitik unter Druck: Warum 73% der Deutschen Merz Täuschung vorwerfen

today21.03.2025

Hintergrund

Die jüngste Entscheidung von CDU-Chef Friedrich Merz, trotz jahrelanger Kritik an der Schuldenpolitik anderer Parteien nun selbst einem massiven Schuldenpaket zuzustimmen, sorgt für erheblichen Unmut in der Bevölkerung. Eine aktuelle ZDF-Umfrage zeigt: Fast drei Viertel der Deutschen werfen dem Oppositionsführer und Kanzlerkandidaten vor, die Wähler getäuscht zu haben. Selbst in den eigenen Reihen bröckelt die Unterstützung für seinen finanzpolitischen Kurswechsel erheblich.

Der plötzliche Sinneswandel von Friedrich Merz

Schuldenpolitik unter Druck: Warum 73% der Deutschen Merz Täuschung vorwerfen

Noch vor wenigen Monaten hatte Friedrich Merz die „solide Haushaltsführung“ zum Kernthema seiner Politik erklärt. Die CDU/CSU hatte unter seiner Führung stets betont, an der Schuldenbremse festhalten zu wollen. Im Wahlprogramm war sogar konkret die jährliche Schuldenaufnahme von nur 0.35 Prozent des BIP verankert. Doch nach der Wahl rechtfertigte Merz seinen überraschenden Kurswechsel mit einer veränderten Weltlage, die neue Schulden unumgänglich mache.

„Ich bin erst nach der Wahl über den tatsächlichen Zustand des Bundeshaushalts informiert worden“, erklärte Merz gestern bei einer Pressekonferenz in Berlin. Eine Erklärung, die bei vielen Bürgern auf Skepsis stößt. Das aktuelle „Politbarometer“ des ZDF zeichnet ein deutliches Bild: 73 Prozent der Befragten werfen dem CDU-Chef und der Union wegen ihrer Zustimmung zur Aufnahme hoher neuer Schulden Täuschung vor.

Besonders brisant: Selbst unter den eigenen Anhängern der CDU/CSU teilen 44 Prozent diese kritische Einschätzung. Eine Entwicklung, die sich auch in den persönlichen Zustimmungswerten des CDU-Vorsitzenden widerspiegelt. Nur noch 37 Prozent der Befragten würden seine Kanzlerschaft befürworten – ein deutlicher Rückgang im Vergleich zu den 44 Prozent aus einer früheren Umfrage.

Das umstrittene Schuldenpaket im Detail

Das mit der SPD ausgehandelte Finanzpaket hat weitreichende Konsequenzen für die deutsche Haushaltspolitik. In den nächsten zwölf Jahren sollen bis zu 500 Milliarden Euro für Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz aufgenommen werden können. Zudem ist eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben vorgesehen.

Der Bundesrat hat dem schwarz-roten Schuldenpaket heute mit klarer Mehrheit zugestimmt. Mit 53 von 69 möglichen Stimmen wurde die notwendige Zweidrittelmehrheit deutlich erreicht. Selbst Landesregierungen mit Beteiligung der Linken haben überraschend zugestimmt.

Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, begrüßte die Entscheidung trotz Bedenken zum schnellen Verfahren: „Mehr Klimaschutz ist eine Kernaufgabe dieses Jahrhunderts.“ Markus Söder forderte hingegen einen langfristigen Rückzahlungsplan und mahnte zum sorgsamen Umgang mit den Geldern.

Geteilte Meinungen in der Bevölkerung

Trotz der Kritik an Merz‘ plötzlichem Sinneswandel zeigt die ZDF-Umfrage auch, dass viele Deutsche die Inhalte des Pakets durchaus befürworten. So begrüßen 64 Prozent der Befragten eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben. Diese Zustimmung findet sich mehrheitlich bei Anhängern von CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP.

Bezüglich der 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz sind die Meinungen allerdings gespalten: 50 Prozent halten diesen Betrag für angemessen, während 27 Prozent ihn als zu hoch einschätzen. Besonders die Kommunen setzen große Hoffnungen in das Paket und erwarten mehr finanziellen Spielraum für dringend benötigte Investitionen in die lokale Infrastruktur.

Auswirkungen auf die Koalitionsverhandlungen

Obwohl das Finanzpaket nun beschlossen ist, löst es nicht alle Probleme der angestrebten schwarz-roten Koalition. Nach Informationen aus Verhandlungskreisen klafft weiterhin eine erhebliche Haushaltslücke. Teure Vorhaben wie die Ausweitung der Mütterrente und Steuersenkungen für die Gastronomie belasten die Verhandlungen zusätzlich.

„Die Koalitionsverhandlungen mit der SPD sind noch nicht abgeschlossen. Wir werden intensive Gespräche über die Haushaltskonsolidierung führen müssen“, räumte Merz ein. Gleichzeitig schloss er eine Minderheitsregierung kategorisch aus, falls es zu keiner Einigung mit der SPD kommen sollte.

Der ursprünglich enge Zeitplan, der einen Abschluss des Koalitionsvertrags vor Ostern und die Wahl des Bundeskanzlers Ende April vorsah, geriet zunehmend unter Druck. Beobachter rechnen inzwischen mit einer möglichen Kanzler-Vereidigung erst Anfang Mai.

Vertrauenskrise in der deutschen Politik

Die aktuelle Debatte um den finanzpolitischen Kurswechsel der Union offenbart eine tieferliegende Vertrauenskrise in der deutschen Politik. Die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen, die die Umfrage mit 1305 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten durchführte, sieht einen besorgniserregenden Trend: Das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit politischer Aussagen sinkt weiter.

Innerhalb der CDU gibt es zudem wachsenden Unmut darüber, dass Merz das Sondervermögen vorwiegend der SPD zugestanden hat. Besonders der konservative Flügel drängt auf Fortschritte beim Thema Migration als Gegenleistung.

Die persönliche Distanz zwischen den Unterhändlern von Union und SPD ist laut Insidern größer als bei früheren Koalitionsverhandlungen. Während einige Unionspolitiker lieber mit den Grünen kooperiert hätten, strebt man nun eine pragmatische Zweckgemeinschaft an. Für Friedrich Merz steht dabei viel auf dem Spiel: Ein erfolgreicher Koalitionsvertrag bleibt entscheidend für seine Kanzlerambitionen – trotz der aktuellen Vertrauenskrise.

Geschrieben von: RadioMonster.FM


AD
AD