Wirtschaft & Politik

Bürgergeld vor dem Aus? Union und SPD planen radikale Sozialreform

today27.03.2025

Hintergrund

Die Tage des Bürgergelds scheinen gezählt. In den aktuellen Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD zeichnet sich eine grundlegende Reform der sozialen Grundsicherung ab. Nach Informationen aus Verhandlungskreisen hat die SPD erhebliche Zugeständnisse gemacht und ist bereit, nicht nur den Namen „Bürgergeld“ aufzugeben, sondern auch wesentliche Elemente des erst 2023 eingeführten Systems zu verändern. Die geplanten Änderungen könnten die Unterstützung für Millionen Betroffene deutlich umgestalten und markieren einen bemerkenswerten Kurswechsel in der deutschen Sozialpolitik.

Die geplanten Änderungen im Detail

Bürgergeld vor dem Aus? Union und SPD planen radikale Sozialreform

Laut den durchgesickerten Papieren der Arbeitsgruppen von CDU, CSU und SPD soll das Bürgergeld in seiner jetzigen Form abgeschafft werden. Stattdessen planen die Verhandlungspartner eine Rückkehr zu einem stärker am früheren Hartz-IV-System orientierten Modell. Konkret bedeutet dies eine Anpassung der Berechnungsmethode für die monatlichen Zahlungen, wobei Preiserhöhungen erst verzögert berücksichtigt werden sollen.

Ein Sprecher der Union erklärte: „Wir müssen Anreize zur Arbeitsaufnahme stärken und gleichzeitig diejenigen absichern, die wirklich auf Hilfe angewiesen sind.“ Die monatlichen Zahlungen sollen für 2025 unverändert bleiben, was faktisch eine Nullrunde bedeutet. In den Vorjahren waren die Sätze noch deutlich gestiegen: 53 Euro im Jahr 2023 und 61 Euro im Jahr 2024.

Verschärfte Sanktionen und neue Zuverdienstregeln

Ein zentraler Punkt der Reform betrifft die Sanktionsmechanismen. Die Union hat sich mit ihrer Forderung nach verschärften Sanktionen bei Pflichtverletzungen durchgesetzt. Künftig sollen Leistungen schneller und in größerem Umfang gekürzt werden können, wenn Betroffene Jobangebote ablehnen oder Termine nicht wahrnehmen.

Auch die Zuverdienstregeln stehen auf dem Prüfstand. Die Verhandlungspartner planen, die Anrechnung von Einkommen zu reformieren, um den Übergang in den Arbeitsmarkt attraktiver zu gestalten. „Wir wollen ein System, das Arbeit belohnt und nicht bestraft“, betonte ein SPD-Vertreter aus dem Verhandlungsteam.

Reaktionen auf die Reformpläne

Die sich abzeichnenden Änderungen stoßen auf unterschiedliche Reaktionen. DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell warnte: „Eine Rückkehr zu Hartz IV wäre ein sozialpolitischer Rückschritt. Wir brauchen keine Stigmatisierung von Menschen in Notlagen, sondern echte Perspektiven durch Qualifizierung und faire Löhne.“

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger hingegen begrüßte die Reformpläne: „Die bisherige Ausgestaltung des Bürgergelds hat zu wenig Anreize zur Arbeitsaufnahme gesetzt. Eine Reform ist dringend notwendig, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen und die Sozialsysteme zukunftsfest zu machen.“

Bü rgergeld im Kontext der Koalitionsverhandlungen

Die Einigung beim Bürgergeld steht im Zusammenhang mit weiteren Kompromissen in den schwarz-roten Verhandlungen. Während die SPD bei der Grundsicherung nachgibt, hat sie in anderen Bereichen Zugeständnisse der Union erreicht. So soll der Mindestlohn wie von der SPD gefordert bis 2026 auf 15 Euro steigen. Beim umstrittenen Tempolimit und der Atomkraft konnten sich die Parteien bislang nicht einigen.

Yasmin Fahimi, DGB-Vorsitzende, kommentierte die Gesamtsituation: „Die Einigung auf ein Finanzpaket der Koalition ist zu begrüßen, aber es braucht ein überzeugendes Programm für sichere Beschäftigung. Investitionen dürfen nicht nur in militärische Bereiche fließen, sondern müssen auch Alltagsfragen berücksichtigen.“

Vertrauensverlust in soziale Sicherungssysteme

Die Reformpläne fallen in eine Zeit, in der das Vertrauen der Deutschen in die sozialen Sicherungssysteme schwindet. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass viele Bürger Zweifel an der langfristigen Finanzierbarkeit von Rente, Gesundheitssystem und Grundsicherung haben.

„Der Sozialstaat steht vor enormen Herausforderungen durch demografischen Wandel und wirtschaftliche Umbrüche“, erklärte ein Sozialexperte. „Die Politik müsst Antworten finden, die sowohl soziale Sicherheit als auch wirtschaftliche Tragfähigkeit gewährleisten.“

Zeitplan für die Umsetzung

Sollten sich Union und SPD auf eine Koalition einigen, könnten die Änderungen am Bürgergeld bereits im Sommer 2025 in Kraft treten. Eine Übergangsphase soll sicherstellen, dass bestehende Leistungsbezieher nicht abrupt mit Kürzungen konfrontiert werden.

Die endgültige Ausgestaltung der Reform wird in den kommenden Wochen im Detail verhandelt. Experten erwarten, dass das neue System einen anderen Namen erhalten wird – möglicherweise eine Rückkehr zu „Arbeitslosengeld II“ oder eine ganz neue Bezeichnung, um den politischen Neuanfang zu symbolisieren.

Geschrieben von: RadioMonster.FM