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today21.04.2025
Während klassische Kunstformen wie Gemälde oder Skulpturen über Jahrhunderte relativ stabil bleiben können, kämpfen Museen und Sammlungen mit einem besonderen Problem bei Medienkunst: Sie altert zusammen mit ihrer Technik. Videoinstallationen, Tonbandcollagen und digitale Werke drohen stumm zu werden, wenn ihre Abspielgeräte nicht mehr funktionieren. Diese Kunstformen erfordern eine völlig neue Herangehensweise an Konservierung und Restaurierung – eine Herausforderung, die ständige Wachsamkeit, technisches Wissen und kulturelle Sensibilität verlangt.
Stell dir vor, du besitzt ein wertvolles Kunstwerk, das in 20 Jahren niemand mehr betrachten kann, weil die nötige Technik dafür nicht mehr existiert. Genau dieses Problem beschäftigt heute Museumskuratoren und Restauratoren weltweit. Während ein Gemälde von Rembrandt mit angemessener Pflege Jahrhunderte überdauern kann, droht vielen bedeutenden Medienkunstwerken das stille Verschwinden.
Joanna Phillips, Restauratorin am Guggenheim Museum New York, beschreibt das grundlegende Problem treffend: „Der gemeinsame Nenner, der alle verbindet, ist, dass sie eine Dauer haben. Das gilt für Videowerke, Software-basierte Werke und Audio-Installationen, aber auch Dia-Projekte. Alle diese Werke haben gemein, dass sie sich dem Betrachter über eine Zeitdauer hinweg offenbaren.“
Anders als bei traditioneller Kunst besteht die Herausforderung bei Medienkunst nicht nur darin, ein Objekt zu erhalten, sondern ein Erlebnis zu bewahren. Wenn ein Video von Nam June Paik auf einem Röhrenfernseher aus den 1970er Jahren gezeigt werden soll, gehört das Gerät selbst zum Kunstwerk. Doch was tun, wenn dieses nicht mehr repariert werden kann?
Die Entscheidungen, die Restauratoren treffen müssen, sind komplex. Soll man die alten Geräte erhalten und reparieren? Oder die Inhalte auf neue Medien übertragen? Jede Lösung bringt eigene Probleme mit sich. Wenn alte VHS-Kassetten auf digitale Formate überspielt werden, geht die charakteristische Bildqualität verloren. Wenn hingegen versucht wird, Originalgeräte zu erhalten, wird der Kampf gegen die Zeit irgendwann verloren gehen.
Bei digitaler Kunst ist die Situation noch prekärer. Das ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe betont in seinem aktuellen Ausstellungsprojekt „The Story That Never Ends“: „Technische Geräte sind nicht für die Ewigkeit gemacht, Datenträger zerfallen, Softwarestandards sind rasch überholt und Medienformate sind nach wenigen Jahren nicht mehr lesbar.“
Ein anschauliches Beispiel ist das Netz-Kunstwerk „Brandon“ von Shu Lea Cheang, das vom Guggenheim Museum restauriert wurde. Phillips erklärt: „Technisch gesehen ist es eine Webseite, die von Guggenheim Servern gehostet wird. Aber über die Zeit würden Webtechnologien und Programmiersprachen nicht mehr aktualisiert. Deshalb haben wir zusammen mit Computerwissenschaftlern das Werk zunachst analysiert und jetzt auch restauriert.“
Die Bedeutung von Medienkunst für unsere Kulturgeschichte lässt sich an einzelnen wegweisenden Ereignissen festmachen. Am 6. Oktober 1960 fand im Atelier der Künstlerin Mary Bauermeister in Köln ein denkwürdiges Treffen statt, das heute als einer der Startpunkte der Medienkunst und Fluxus-Bewegung gilt. Prominente Künstler wie John Cage, David Tudor, Nam June Paik und Karlheinz Stockhausen waren anwesend.
Dieser Abend, dokumentiert in historischen Fotografien, markierte einen Wendepunkt in der Kunstgeschichte. Nam June Paik, der später als „Vater der Videokunst“ berühmt wurde, sorgte bei diesem Konzert für eine provokante Wendung, indem er John Cages Krawatte während der Aufführung zerschnitt – eine Aktion, die symbolisch für den Bruch mit konventionellen Kunstformen stand.
François Bayle, Augenzeuge und späterer Mitgründer der Groupe de Recherches Musicales (GRM) in Paris, erinnert sich: „Natürlich, ich erinnere mich an dieses seltsame Ereignis!“ Für viele Anwesende markierte dieser Abend einen Wendepunkt, der neue Experimente in künstlerischer Freiheit einleitete.
Die Bewahrung von Medienkunst erfordert heute Teams aus Restauratoren, Technikern, Computerspezialisten und Kunsthistorikern. Gemeinsam entwickeln sie Strategien, um das kulturelle Erbe zu sichern.
Eine Methode ist die Emulation – dabei wird alte Hardware durch Software simuliert, die auf neueren Systemen läuft. Eine andere Strategie ist die Migration, bei der die Inhalte in neue Formate übertragen werden. Bei manchen Werken entscheiden sich Museen auch für die Dokumentation als primäre Erhaltungsstrategie – mit Videos, Fotos und detaillierten Beschreibungen wird das Werk für die Nachwelt festgehalten, selbst wenn das Original nicht mehr funktionsfähig ist.
Auch für private Sammler stellt Medienkunst besondere Herausforderungen dar. Was bedeutet es, ein Werk zu besitzen, das regelmäßige technische Updates benötigt? Wer trägt die Verantwortung und die Kosten für die Erhaltung? Der Kunstmarkt hat begonnen, auf diese Fragen zu reagieren – mit speziellen Verträgen, die Wartung und Updates regeln, und mit neuen Geschäftsmodellen für digitale Kunst.
Die jüngste Entwicklung von NFTs (Non-Fungible Tokens) hat zwar neue Möglichkeiten für digitale Künstler eröffnet, löst aber nicht die grundlegenden Probleme der langfristigen Erhaltung. Auch ein auf der Blockchain gesichertes Kunstwerk wird unzugänglich, wenn die zugrundeliegende Technologie überholt ist.
Manche Künstler integrieren die Vergänglichkeit bewusst in ihre Werke. Sie sehen den Verfall als Teil des künstlerischen Konzepts. Andere arbeiten eng mit Restauratoren zusammen, um Erhaltungsstrategien bereits bei der Entstehung ihrer Werke zu berücksichtigen.
Das ZKM in Karlsruhe fasst es treffend zusammen: „Die Fragilität unserer elektrifizierten und digitalisierten Zivilisation wird sichtbar – Geschichte schärft den Blick auf Gegenwart und regt an, mögliche Zukünfte zu imaginieren.“
Während du also heute eine beeindruckende Videoinstallation oder ein interaktives digitales Kunstwerk besuchst, denk daran: Was du siehst, ist möglicherweise das Ergebnis intensiver Restaurierungsarbeit – oder ein flüchtiges Erlebnis, das kommende Generationen nur noch aus Dokumentationen kennen werden. Die Bewahrung dieser zeitbasierten Kunstformen bleibt eine der spannendsten Herausforderungen für Museen im digitalen Zeitalter.
Geschrieben von: RadioMonster.FM
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