Musik

Emma-Jean Thackray: „Weirdo“ – Wie Trauer und mentale Gesundheit zu musikalischem Triumph werden

today25.04.2025 5

Hintergrund
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Zwischen fröhlichen Beats und herzzerreißenden Texten erschafft die britische Jazz-Künstlerin Emma-Jean Thackray mit ihrem neuen Album ‚Weirdo‘ etwas wahrhaft Einzigartiges. Ursprünglich als Reflexion über Neurodivergenz gedacht, entwickelte sich das Album nach dem plötzlichen Tod ihres Partners im Jahr 2023 zu einem tiefgründigen Trauertagebuch. Die aus einer Arbeiterfamilie in Yorkshire stammende Multiinstrumentalistin, Sängerin und Produzentin hat das gesamte Werk in ihrer Londoner Wohnung selbst geschrieben, arrangiert, performt und produziert – ein beeindruckendes Zeugnis künstlerischer Selbstbestimmung inmitten persönlicher Tragödie.

Wenn Schmerz auf funkige Beats trifft

Emma-Jean Thackray:

Während sich viele Künstler bei Trauerarbeit für düstere, langsame Klänge entscheiden, geht Thackray einen anderen Weg. Die 19 Tracks von ‚Weirdo‘ bestechen durch eine erstaunliche Mischung aus Jazz, Funk, Hip-Hop, P-Funk, House und Psych Rock – alles präsentiert mit einer luftigen Leichtigkeit, die in faszinierendem Kontrast zu den emotionalen Texten steht.

Schon der kurze Eröffnungstrack ‚Something Wrong With Your Mind‘ gibt mit seinen 30 Sekunden einen Einblick in Thackrays Gefühlswelt. Darauf folgt der gleichnamige Titelsong ‚Weirdo‘, der Gefühle von Isolation und psychischen Herausforderungen thematisiert, sie jedoch in eingängige Melodien verpackt.

Ungeschminkte Ehrlichkeit in Songform

Die Songauswahl liest sich wie ein emotionales Tagebuch: ‚Wanna Die‘, ‚What Is The Point‘ und ‚Save Me‘ spiegeln die dunklen Abgründe einer depressiven Verfassung wider. In ‚Staring At The Wall‘ beschreibt Thackray das Gefühl, „consumed with the thought of you“ zu sein, während ‚Let Me Sleep‘ die körperlichen Schmerzen emotionaler Trauer behandelt.

„Musik war die einzige Möglichkeit, die Leere und Motivationslosigkeit nach diesem Verlust zu überwinden“, erklärt Thackray in einem Interview mit The Line of Best Fit. Diese Ehrlichkeit zieht sich durch das gesamte Album und schafft eine tiefe Verbindung zum Publikum.

Musikalische Vielfalt als Heilmittel

Besonders bemerkenswert ist die stilistische Weiterentwicklung im Vergleich zu ihrem Debütalbum ‚Yellow‘ (2021). Während ihr Erstling fest im UK-Jazz verwurzelt war, präsentiert ‚Weirdo‘ eine breitere musikalische Palette. Das afrobeat-inspirierte ‚Save Me‘, das funk-rockige ‚Maybe Nowhere‘ und das P-Funk-beeinflusste ‚Black Hole‘ (featuring Reggie Watts) demonstrieren Thackrays Vielseitigkeit.

Auch die Zusammenarbeit mit Kassa Overall auf dem traumhaften ‚It’s Okay‘ zeigt, dass Thackray keine Angst vor Genregrenzen hat. Kurze Interludes wie ‚In Your Mind‘ und das skurrile ‚Fried Rice‘ sorgen für eine dynamische Struktur und erlauben es ihr, zwischen verschiedenen Klangwelten zu springen.

Hoffnung am Horizont

Trotz der schweren Thematik endet ‚Weirdo‘ nicht in Verzweiflung. Songs wie ‚It’s Okay‘ und besonders das transzendentale Schlussstück ‚Thank You For The Day‘ deuten auf einen möglichen Weg durch die Trauer hin. Tom Morgan, Kritiker bei Clash Music, fasst es treffend zusammen: „Thackrays neuestes Werk ist schwer abzuschütteln und bietet Licht am Ende des Tunnels.“

Auch die Renowned Magazine Kritiker stimmen zu: „Lustig, düster, kathartisch und mutig, mit einem gewinnenden Erlösungsbogen – in allen Aspekten ist ‚Weirdo‘ ein Blues-Album, das unerträglichen Schmerz in zutiefst berührende, originelle Kunst verwandelt.“

Mehr als nur ein Album

Mit ‚Weirdo‘ hat Emma-Jean Thackray nicht nur ein musikalisch brillantes Werk geschaffen, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Diskussion über psychische Gesundheit und Trauerbewältigung geleistet. Ihre Offenheit zu diesen Themen wird von Fans und Kritikern gleichermaßen geschätzt.

Die Jazz Times beschreibt das Album als „einen dicht geschichteten, friktiven Satz, der emotionale Schwere und musikalische Erfindung in gleichem und beeindruckendem Maße zusammenbringt.“ Diese Balance zwischen Schmerz und Kunstfertigkeit macht ‚Weirdo‘ zu einem der bemerkenswertesten Jazz-Alben des Jahres.

Während die Lyrics oft schonungslos ehrlich über spiralförmige mentale Zustände oder überwältigenden Sinnverlust sprechen, pulsieren die Kompositionen mit einer Lebendigkeit – als wäre Musizieren der einzige Bereich geblieben, den Trauer nicht zerstören kann. Genau diese Spannung macht ‚Weirdo‘ zu einem so fesselnden Hörerlebnis.

Geschrieben von: RadioMonster.FM

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