Musik

50 Jahre Young Americans: Als David Bowie zum Soul-Mann wurde

today24.04.2025

Hintergrund
share close

Als David Bowie im März 1975 sein neuntes Studioalbum „Young Americans“ veröffentlichte, überraschte er seine Fans mit einer radikalen Neuausrichtung. Statt als Ziggy Stardust oder Aladdin Sane präsentierte sich der Brite plötzlich als Soul-Sänger – mit neuem Look, neuer Stimme und einem Sound, den er selbst augenzwinkernd als „Plastic Soul“ bezeichnete. Fünfzig Jahre später wird dieses Schlüsselwerk mit einer Jubiläumsedition gefeiert und beweist einmal mehr Bowies Gespür für musikalische Transformationen.

Von Glam-Rock zu „Plastic Soul“: Bowies radikaler Richtungswechsel

50 Jahre Young Americans: Als David Bowie zum Soul-Mann wurde

Mitte der 70er Jahre schien David Bowie seinen Fans immer einen Schritt voraus zu sein. Nach seinen Erfolgen als Space-Oddity Major Tom und der Glam-Rock-Ikone Ziggy Stardust vollzog er 1975 eine weitere überraschende Verwandlung. Mit einer auffallenden Frisur und subtilen Glitzer-Accessoires, aber erstmals ohne ausgeprägte Kunstfigur, präsentierte er auf „Young Americans“ einen völlig neuen Sound, der auf zeitgenössischen Soul und R’n’B abzielte – insbesondere auf den damals populären Philly-Sound.

Was die Musikwelt besonders überraschte: Bowie selbst bezeichnete seine Interpretation des Genres selbstironisch als „Plastic Soul“ – ein Begriff, den Kritiker oft als „Blue-eyed Soul“ umschrieben, also weiße Musiker, die Soul spielen. Trotz dieser Selbstironie nahm Bowie das Projekt äußerst ernst und engagierte hochkarätige Musiker wie den Gitarristen Carlos Alomar, der zuvor mit James Brown zusammengearbeitet hatte, sowie talentierte Sängerinnen wie Ava Cherry und Robin Clark. Besonders bemerkenswert war die Beteiligung des späteren Soul-Stars Luther Vandross, der nicht nur zum Gesang beitrug, sondern auch den Song „Fascination“ mitschrieb.

„Die Früchte von David Bowies neuer enthusiastischer Richtung, die er als ‚Plastic Soul‘ bezeichnete, um das Genre von seinen schwarzamerikanischen Ursprungen zu unterscheiden… Durch all das hatten die Backgroundsänger einen starken Einfluss auf das Album, wobei Luther Vandross einen Co-Writing-Credit für ‚Fascination‘ erhielt“, schreibt das Magazin Tracking Angle in einem Rückblick auf diese kreative Phase.

Die Beatles-Verbindung: John Lennon und der erste US-Nummer-eins-Hit

Ein weiterer Grund, warum „Young Americans“ als Meilenstein in Bowies Karriere gilt, ist die prominente Beatles-Verbindung. Nicht ohne Grund wird das Album manchmal als „Beatles-Platte“ bezeichnet. John Lennon arbeitete mit Bowie an „Fame“, das später zu seinem ersten Nummer-eins-Hit in den USA wurde. Lennon spielte zudem Akustikgitarre auf Bowies Cover des Beatles-Klassikers „Across the Universe“.

Die Beatles-Referenzen gehen noch weiter: Im Titelsong „Young Americans“ zitiert Bowie eine bekannte Textzeile aus „A Day in the Life“: „I heard the News today, oh Boy“. Diese Verbindung zwischen zwei der einflussreichsten Künstler dieser Ära verleiht dem Album eine zusätzliche historische Bedeutung.

„Das Album brachte Bowie zudem seine erste Nummer-eins-Single in den USA: ‚Fame‘, eine Zusammenarbeit mit John Lennon und Carlos Alomar“, heißt es in einem aktuellen Post auf dem offiziellen Instagram-Account von David Bowie.

Ein kompaktes Meisterwerk zwischen Erfolg und Exzess

Mit nur acht Songs – sieben eigene Kompositionen und ein Beatles-Cover – bot „Young Americans“ einen geschlossenen, kohärenten Sound. Dies ist besonders bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass Bowie während der Aufnahmen bereits mit den Auswirkungen seiner zunehmenden Kokainsucht zu kämpfen hatte, die mit dem nachfolgenden Album „Station to Station“ ihren Höhepunkt erreichen sollte.

Kommerziell war das Album ein beachtlicher Erfolg und erreichte Platz 2 in den britischen Charts und Platz 9 in den USA. Noch wichtiger war jedoch, dass es Bowies Fähigkeit unter Beweis stellte, sich ständig neu zu erfinden und dennoch seinem künstlerischen Kern treu zu bleiben.

Der Musikjournalist Nenad Georgievski betont in einem aktuellen Artikel zum Jubiläum: „David Bowies ‚Young Americans‘ ist eine kühne Neuerfindung… Indem er einen Großteil der Glam-Rock-Künstlichkeit ablegte, umarmte Bowie die sanften Rhythmen und emotionale Tiefe des Philly Soul… Um diese Vision zum Leben zu erwecken, versammelte Bowie ein bemerkenswertes Team von Mitarbeitern, darunter Gitarrist Carlos Alomar und Luther Vandross.“

Das Jubiläum: Neue Editionen und anhaltende Relevanz

Zum 50. Jubiläum erscheint „Young Americans“ nun in verschiedenen limitierten Vinyl-Editionen, darunter eine mit halber Geschwindigkeit gemasterte Version und eine Picture-Disc-LP mit Poster. Diese Neuveröffentlichungen haben dem Album kürzlich zu einem kurzen Comeback in den europäischen Charts verholfen.

Interessanterweise gibt es eine anhaltende Diskussion über das genaue Veröffentlichungsdatum. Während viele Quellen den 7. März 1975 nennen, deuten einige Anzeichen darauf hin, dass das Album in Großbritannien möglicherweise erst am 21. März erschienen ist – ein Thema, das Fans und Sammler bis heute beschäftigt.

Unabhängig von solchen Details bleibt „Young Americans“ ein zentrales Werk in Bowies vielseitigem Schaffen – ein Album, das seine Fähigkeit demonstriert, Genres zu überbrücken und künstlerische Grenzen zu überschreiten. Wie es im offiziellen Facebook-Post heißt: „‚Young Americans‘ markierte eine radikale Neuerfindung – eine Verschmelzung von Soul, Funk und seinem charakteristischen Flair.“

Ein halbes Jahrhundert nach seiner Veröffentlichung beweist das Album, dass Bowies Experimentierfreude und sein Gespür für musikalische Strömungen zeitlos sind. Was damals als „Plastic Soul“ begann, hat sich längst als ein authentisches und einflussreiches Kapitel in der Geschichte der Popmusik etabliert.

Geschrieben von: RadioMonster.FM

Rate it

AD
AD