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today18.04.2025
Die Ankunft eines weiteren Flugzeugs mit gefährdeten Afghaninnen und Afghanen hat die Debatte um das deutsche Aufnahmeprogramm neu entfacht. Während 138 Menschen, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, am Mittwochabend in Leipzig/Halle landeten, prallen die politischen Meinungen aufeinander. Die designierte neue Regierung aus CDU, CSU und SPD plant das Auslaufen solcher Programme, während Befürworter auf rechtliche Zusagen und humanitäre Verpflichtungen pochen. Ein Spannungsfeld zwischen Sicherheitsbedenken und moralischer Verantwortung, das kaum Raum für Kompromisse lässt.
Bei den kürzlich eingereisten Afghaninnen und Afghanen handelt es sich um Menschen mit rechtsverbindlichen Aufnahmezusagen aus verschiedenen Programmen. Unter den 138 Personen, die vom Flughafen Islamabad nach Deutschland gebracht wurden, befinden sich 45 Kinder und Jugendliche sowie 76 Frauen und 62 Männer. Die meisten von ihnen haben in der Vergangenheit für deutsche Institutionen gearbeitet oder sind aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit – etwa als Menschenrechtsanwältinnen, Journalisten oder Lehrerinnen – von den Taliban bedroht.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums betonte: „Es liegen in diesen Fällen konkrete, bereits in der Vergangenheit gegebene Aufnahmezusagen Deutschlands vor“. Diese rechtlichen Verpflichtungen müssen erfüllt werden, unabhängig von der aktuellen politischen Lage in Deutschland.
Nach Ankunft des Flugzeugs haben deutsche Behörden Ermittlungsverfahren gegen acht Passagiere eingeleitet. Der Grund: Der Verdacht auf Urkundendelikte im Zusammenhang mit möglicherweise gefälschten oder verfälsteten Dokumenten. Die Überprüfung der Papiere dauerte von 21 Uhr bis etwa 3 Uhr morgens.
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte: „Wir können bestätigen, dass die aus Pakistan eingereisten besonders gefährdeten Personen aus Afghanistan einer Einreisekontrolle unterzogen worden sind.“ Die Sicherheitsüberprüfung beginnt bereits im Ausreiseland durch Beamte der Bundespolizei, die Auffälligkeiten im Visumverfahren vermerken.
Das Auswärtige Amt betont jedoch: „Sicherheit hat in den Verfahren oberste Priorität.“ Bei keinem der Eingereisten habe es Zweifel an deren Identität gegeben. Sechs Personen wurden allerdings vor dem Abflug von der finalen Liste gestrichen – offenbar aufgrund von Fragen bezüglich ihrer Dokumente.
Die Aufnahme weiterer afghanischer Geflüchteter kurz vor dem Regierungswechsel hat zu heftigen Reaktionen geführt. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) bezeichnete das Vorgehen von Außenministerin Annalena Baerbock als „infam und vollkommen verbohrt“. Er kritisierte, dass Baerbock quasi in letzter Sekunde vor ihrem Abtritt noch weitreichende Aktionen zur Aufnahme afghanischer Geflüchteter durchführe.
Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) äußerte sich kritisch: „Wenn wir uns jetzt anschauen, dass in den letzten Tagen der Amtszeit der Außenministerin ständig Flüge kommen mit afghanischen Menschen, obwohl ganz klar ist, dass die neue Bundesregierung eine andere Haltung hat, dann illustriert das, wie man sich über die eigentliche Meinung in einem Land erhöht.“
CDU-Innenexperte Alexander Throm geht noch weiter und wirft Baerbock vor, kurz vor dem Regierungswechsel Fakten schaffen zu wollen. Er verweist auf den Koalitionsvertrag der künftigen Regierung aus CDU, CSU und SPD, der vorsieht, „freiwillige Bundesaufnahmeprogramme so weit wie möglich zu beenden (zum Beispiel Afghanistan) und keine neuen Programme aufzulegen.“
Britta Haßelmann, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, verteidigt hingegen die Aufnahme: „Es gibt keinen Grund für Empörung an dieser Stelle. Denn wir haben eine humanitäre Verantwortung.“ Sie betont, dass unter dem Taliban-Regime insbesondere Frauen, Kinder und Regimekritiker gefährdet seien. „Wir haben eine rechtlich verbindliche Zusage gegeben für die Aufnahme und deswegen ist es auch richtig, sie durchzuführen“, so Haßelmann.
Deutschland startete nach der Machtübernahme der Taliban im Sommer 2021 ein Bundesaufnahmeprogramm für gefährdete Afghanen. Ursprünglich war geplant, bis zu 1.000 Personen pro Monat aufzunehmen. Bislang wurden jedoch erst etwa 1.400 Personen im Rahmen dieses Programms nach Deutschland gebracht. Gleichzeitig haben im vergangenen Jahr rund 35.000 Afghanen Asylanträge in Deutschland gestellt.
Aktuell warten noch etwa 2.600 Afghanen mit einer Aufnahmezusage in Pakistan auf ihre Ausreise nach Deutschland. Ihre Situation wird zunehmend prekär, da Pakistan Anfang April mit einer neuen Abschiebewelle von afghanischen Geflüchteten begonnen hat. Viele der in Pakistan wartenden Afghanen fürchten, zurück nach Afghanistan abgeschoben zu werden, wo ihnen Verfolgung durch die Taliban droht.
Christian Wagner, Sprecher des Auswärtiges Amt, erklärt die Situation: „Die Aufnahmen sind keine Ad-hoc-Aktion. Das Bundesaufnahmeprogramm existiert bereits seit längerer Zeit – es funktioniert nach klaren Kriterien in enger Zusammenarbeit mit Sicherheitsbehörden.“
In der Debatte um das Afghanistan-Aufnahmeprogramm stehen sich humanitäre Verpflichtungen und politische Prioritäten gegenüber. Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland, appelliert eindringlich: „Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan darf nicht den Haushaltskürzungen zum Opfer fallen. Nach wie vor gibt es viele schutzbedürftige Menschen in Afghanistan. Wir dürfen sie nicht im Stich lassen.“
Er betont die dramatische Lage in Afghanistan: „Drei Jahre nach der Machtübernahme der Taliban ist die Situation dramatischer denn je. Frauen- und Menschenrechte werden dort mit Füßen getreten. Das Programm rettet Menschenleben.“ Schuch fordert daher ausdrücklich ein Fortführen des Programms bis zum Ende der Legislaturperiode 2025.
Bei Start des Bundesaufnahmeprogramms im Oktober 2022 erklärte die damalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD): „Wir handeln und erfüllen unsere humanitäre Verantwortung. Im EU-Vergleich haben wir mit Abstand die meisten Aufnahmen von ehemaligen Ortskräften ermöglicht.“ Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ergänzte damals: „Viele Menschen in Afghanistan leben jeden Tag in Angst vor Verfolgung. Besonders an sie richtet sich deshalb das humanitäre Aufnahmeprogramm. Ihnen wollen wir ein Stück Hoffnung zurückgeben auf ein Leben in Freiheit.“
Für die kommenden Wochen sind weitere Flüge mit afghanischen Geflüchteten nach Deutschland geplant. Konkret stehen Termine für den 23. und 29. April im Raum. Ob diese wie geplant stattfinden werden, bleibt angesichts der politischen Kontroverse abzuwarten. Die Debatte um die Aufnahmeprogramme wird mit Sicherheit weitergehen – und mit ihr die Frage, wie Deutschland seine humanitären Verpflichtungen mit den politischen Realitäten in Einklang bringen kann.
Geschrieben von: RadioMonster.FM
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