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today07.04.2025
Wenn die Klänge einer Arpa Doppia durch den Raum schweben, öffnet sich ein faszinierendes Zeitfenster zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Der Harfenist Maximilian Ehrhardt wagt auf seinem zweiten Soloalbum „Diminutions“ genau diesen Brückenschlag und verbindet auf beeindruckende Weise Kompositionen des 17. Jahrhunderts mit zeitgenössischen Werken. Die Arpa Doppia, eine im Barock populäre Doppelharfe mit zwei parallelen Saitenreihen, wird unter seinen Händen zum Medium eines musikalischen Dialogs über Jahrhunderte hinweg.
Die Arpa Doppia ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten, erlebt aber durch Musiker wie Ehrhardt eine bemerkenswerte Renaissance. Das Instrument verfügt über eine chromatische und eine diatonische Saitenreihe, was ihm einen einzigartigen Klangcharakter verleiht. Als Spezialist für historische Harfen hat sich Ehrhardt intensiv mit der Spieltechnik und dem Repertoire dieses faszinierenden Instruments auseinandergesetzt.
Auf „Diminutions“ stellt er Werke von Komponisten wie Girolamo Frescobaldi, Jan Pieterszoon Sweelinck und Peter Philips modernen Stücken von Bernhard Lang, Kate Moore und Chikage Imagi gegüber. Diese Kombination schafft spannende Kontraste und zeigt gleichzeitig überraschende Verbindungen zwischen den Epochen auf.
Die Herausforderung der historischen Aufführungspraxis liegt oft darin, dass keine Tonaufnahmen aus der Entstehungszeit existieren. Ehrhardt verfolgt daher einen „historisch informierten“ Ansatz. Dies bedeutet, er stützt seine Interpretationen auf historische Quellen, Notentexte und Traktate, ohne zu versuchen, eine vermeintlich „authentische“ Aufführung zu rekonstruieren, die es so nie geben kann.
„Es geht nicht darum, die Vergangenheit exakt zu reproduzieren, sondern sie lebendig zu machen und in Beziehung zur Gegenwart zu setzen“, erklärt Ehrhardt in den Anmerkungen zum Album. Diese Philosophie spiegelt sich in seiner Spielweise wider, die technische Präzision mit emotionaler Tiefe verbindet.
Besonders faszinierend ist, wie die zeitgenössischen Stücke auf „Diminutions“ mit ihren historischen Vorbildern interagieren. Die modernen Komponisten haben sich intensiv mit den barocken Werken auseinandergesetzt und darauf reagiert – teils mit rein akustischen Mitteln, teils mit elektronischen Erweiterungen.
So schafft Kate Moore in ihrem Stück „Threads of Gold“ eine subtile Verbindung zu Sweelinecks „Fantasia Chromatica“, während Bernhard Langs „DW 17“ Frescobaldis „Toccata Nona“ in ein neues klangliches Gewand hüllt. Diese Gegenüberstellungen öffnen neue Hörperspektiven auf beide Epochen.
Tim Caspar Boehme, Kulturredakteur bei der taz, beschreibt diesen Ansatz treffend als „unterhaltend im besten, ganz ursprünglichen Sinn“. Es geht nicht um oberflächliche Effekte, sondern um eine tiefgreifende musikalische Auseinandersetzung, die sowohl intellektuell anregend als auch emotional berührend ist.
Die technischen Anforderungen der Arpa Doppia sind beträchtlich. Die komplexe Anordnung der Saiten und die historischen Spieltechniken erfordern jahrelanges Studium. Ehrhardt beherrscht sein Instrument mit beeindruckender Virtuosität, ohne dass seine Interpretationen jemals mechanisch oder akademisch wirken.
Bemerkenswert ist auch die Aufnahmequalität des Albums. Die natürliche Akustik lässt den charakteristischen Klang der Arpa Doppia voll zur Geltung kommen, während die elektronischen Elemente der modernen Stücke organisch integriert werden. Das detaillierte Booklet bietet zudem wertvolle Hintergrundinformationen zu den Werken und ihrer Interpretation.
„Diminutions“ richtet sich nicht nur an Kenner alter Musik, sondern an alle musikalisch Neugierigen. Das Album lädt dazu ein, Grenzen zwischen „alter“ und „neuer“ Musik zu überwinden und Musik als lebendige, sich ständig weiterentwickelnde Kunstform zu erleben.
Die Veröffentlichung kommt zu einem Zeitpunkt, da das Interesse an historischen Instrumenten und Aufführungspraxen wieder zunimmt. Gleichzeitig wächst in der zeitgenössischen Musikszene die Bereitschaft, sich mit musikalischen Traditionen auseinanderzusetzen und sie kreativ weiterzuentwickeln.
Ehrhardts Ansatz zeigt exemplarisch, wie fruchtbar dieser Dialog sein kann. Statt alte und neue Musik als getrennte Welten zu betrachten, sucht er nach Verbindungslinien und Resonanzen. So entsteht ein musikalisches Erlebnis, das sowohl historische Tiefe als auch zeitgenössische Relevanz besitzt.
Mit „Diminutions“ ist Maximilian Ehrhardt ein bemerkenswertes Album gelungen, das Geschichte nicht als museales Erbe, sondern als lebendige Inspirationsquelle begreift. Es macht neugierig auf weitere Entdeckungen im reichen Repertoire historischer Harfenmusik und auf neue kreative Verbindungen zwischen musikalischen Zeitaltern.
Geschrieben von: RadioMonster.FM
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