TV & Kino

Hans Rosenthal zum 100. Geburtstag: Wie der „Dalli Dalli“-Star trotz tragischer Vergangenheit zum TV-Liebling wurde

today08.04.2025

Hintergrund

Mit seinem charakteristischen Sprung und dem legendären Ausruf „Das war Spitze!“ eroberte Hans Rosenthal die Herzen von Millionen Zuschauern. Als Moderator der beliebten Spielshow „Dalli Dalli“ wurde er zu einem der beliebtesten Fernsehgesichter Deutschlands. Doch hinter dem stets fröhlichen Entertainer verbarg sich eine von Verfolgung und Verlust geprägte Lebensgeschichte. Anlässlich seines 100. Geburtstags, den Rosenthal gestern hätte feiern können, widmet das ZDF dem unvergessenen Moderator einen Spielfilm, der sein bewegtes Leben würdigt.

Von der Verfolgung zum Fernsehstar: Rosenthals außergewöhnlicher Lebensweg

Hans Rosenthal zum 100. Geburtstag: Wie der
Unknown author, CC BY-SA 3.0 de, via Wikimedia Commons

Hans Rosenthal wurde am 2. April 1925 in Berlin geboren und wuchs in einer Zeit auf, die für jüdische Familien zunehmend bedrohlicher wurde. Seine Kindheit war geprägt von der nationalsozialistischen Verfolgung, die ihm seine Eltern nahm und ihn zum Versteckten machte. Sein zehnjähriger Bruder Gert wurde 1942 nach Riga deportiert und gilt seitdem als ermordet. Rosenthal selbst überlebte den Holocaust nur, weil er sich 1943 der Deportation entziehen konnte – drei mutige Frauen versteckten ihn bis zum Kriegsende.

Nach dem Krieg begann Rosenthal 1945 seine Karriere beim Berliner Rundfunk, wechselte später zum RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor), wo er zahlreiche innovative Formate entwickelte. Sein Durchbruch als Fernsehgesicht kam mit der Quiz-Show „Dalli Dalli“, die er von 1971 bis 1986 in insgesamt 157 Episoden moderierte. Sein Markenzeichen, der „Spitze“-Sprung, bei dem er in die Luft sprang und die Arme ausbreitete, wurde zu einem der bekanntesten Fernsehmomente der deutschen TV-Geschichte.

Der innere Konflikt eines Holocaust-Überlebenden im Rampenlicht

Besonders bewegend war die 75. „Dalli Dalli“-Sendung, die auf den 40. Jahrestag der Novemberpogrome fiel. Diese Situation stellt auch den dramatischen Mittelpunkt des ZDF-Films „Rosenthal“ dar, der morgen ausgestrahlt wird. Regisseur Oliver Haffner rückt diesen moralischen Konflikt ins Zentrum: Einerseits sollte Rosenthal Millionen Zuschauer unterhalten, andererseits hatte ihn der Zentralrat der Juden zur Gedenkfeier eingeladen. Rosenthal entschied sich für die Sendung, trug jedoch Schwarz und spielte Opernmusik – ein stiller Protest und zugleich eine Erinnerung.

In seiner Autobiografie „Zwei Leben in Deutschland. Eine deutsch-jüdische Geschichte“ schrieb Rosenthal über diese Zerrissenheit, die sein Leben prägte. Obwohl er seine traumatischen Erlebnisse nicht ausgiebig in der Öffentlichkeit thematisierte, engagierte er sich intensiv in der Jüdischen Gemeinde und im Zentralrat der Juden in Deutschland. In der ARD-Show „Das gibt’s nur einmal – Noten, die verboten wurden“ fand er eindrückliche Worte: „Vor 50 Jahren fing alles an, und wir alle können nur hoffen, dass diese Vergangenheit keine Zukunft hat!“

Ein Erbe, das weiterlebt

Florian Lukas, der Rosenthal im ZDF-Film verkörpert, beschreibt die besondere Herausforderung dieser Rolle: „Ich kannte ihn, aber nur als Phänomen.“ Für die Vorbereitung tauchte er tief in Archivmaterial ein und führte persönliche Gespräche mit Rosenthals Kindern, Birgit Hofmann und Gert Rosenthal. „Ich habe mir selbst viel Druck gemacht, weil es ein besonders herausgehobenes Projekt für alle Beteiligten war“, erklärte Lukas.

Gert Rosenthal, der heute die Hans-Rosenthal-Stiftung leitet, die Menschen in Not unterstützt, erinnerte in einem Interview daran, dass sein Vater kurz vor seinem Tod sagte: „Man wird mich sehr schnell vergessen.“ Dass heute, 38 Jahre nach seinem Tod an Magenkrebs am 10. Februar 1987, noch an ihn gedacht wird, sei großartig.

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner würdigte Rosenthal kürzlich als prägende Figur für Radio und Fernsehen sowie als Vorbild aufgrund seiner jüdischen Vergangenheit und seines Engagements gegen das Vergessen. Dieses Vermächtnis lebt weiter – nicht nur durch die Hans-Rosenthal-Stiftung, sondern auch durch die bleibende Erinnerung an einen Mann, der trotz seiner traumatischen Erfahrungen Millionen mit seiner positiven Ausstrahlung berührt hat.

Erst vor einem Monat, am 9. März 2025, erklang Rosenthals unverwechselbare Stimme mittels moderner KI-Technik anlässlich des 60. Jubiläums der Rundfunksendung „Sonntagsrätsel“ – ein weiteres Zeichen dafür, wie lebendig sein Andenken bleibt. Sein „Dalli Dalli“ hat die deutsche Fernsehlandschaft nachhaltig geprägt und wird bis heute als Meilenstein der Unterhaltungskultur gefeiert.

Dr. Nadine Bilke, ZDF-Programmdirektorin, betonte zur Bedeutung des Films „Rosenthal“: „Hans Rosenthal war eine der prägendsten Persönlichkeiten des deutschen Fernsehens.“ Sie hob hervor, wie wichtig es sei, seine Geschichte zu erzählen – insbesondere seinen inneren Konflikt als Holocaust-überlebender im Showgeschäft der Nachkriegszeit.

Vielleicht ist es genau diese Verbindung aus persönlichem Schicksal und öffentlicher Freude, die Hans Rosenthal bis heute so besonders macht. In einer Zeit, in der antisemitische Vorfälle wieder zunehmen, erinnert sein Leben daran, wie wichtig es ist, die Vergangenheit nicht zu vergessen, während man gleichzeitig Freude und Hoffnung verbreitet.

Geschrieben von: RadioMonster.FM