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Netflix-Hit „Adolescence“: Wie Online-Radikalisierung und Misogynie unsere Jugend gefährden

today25.03.2025

Hintergrund

Die britische Miniserie „Adolescence“ sorgt seit ihrer Veröffentlichung am 13. März auf Netflix für weltweites Aufsehen. Mit rekordverdächtigten 24 Millionen Abrufen in den ersten Tagen führt sie aktuell die Netflix-Charts in 75 Ländern an und hat als erste Streaming-Serie überhaupt die wöchentlichen Einschaltquoten in Großbritannien dominiert. Doch der Erfolg basiert nicht auf seichter Unterhaltung – im Gegenteil: Die Geschichte des 13-jährigen Jamie Miller, der seine Mitschülerin Katie aus Frauenhass tötet, konfrontiert uns mit unbequemen gesellschaftlichen Realitäten.

Eine erschreckend realistische Darstellung jugendlicher Radikalisierung

Netflix-Hit

Was „Adolescence“ so bemerkenswert macht, ist nicht die Darstellung des Mordes selbst, sondern die schonungslose Analyse seiner Ursachen. Die Serie zeigt, wie ein ganz normaler Junge durch die toxischen Einflüsse sozialer Medien und der sogenannten Manosphere radikalisiert wird. Co-Schöpfer Stephen Graham bringt es auf den Punkt: „Was passiert heutigst mit unseren jungen Männern, und welchen Druck erleben sie von Gleichaltrigen, dem Internet und sozialen Medien?“

Die Handlung folgt Jamie (brillant verkörpert vom Newcomer Owen Cooper), der zu Beginn von der Polizei verhaftet wird. Ein verstörendes Video zeigt ihn bei der Tötung seiner Mitschülerin Katie. Obwohl Jamie zunächst leugnet, enthüllen die Ermittlungen seine zunehmende Verstrickung in frauenfeindliche Online-Gemeinschaften, nachdem er von Katie als „Incel“ bezeichnet und gemobbt wurde.

Innovative Erzähltechnik verstärkt die emotionale Wucht

Regisseur Philip Barantini entschied sich für einen radikalen Ansatz: Jede der vier Episoden wurde in einem einzigen, ununterbrochenen Take gedreht. Diese One-Shot-Technik zieht dich unmittelbar in das Geschehen hinein und intensiviert die beklemmende Atmosphäre. Du fühlst dich, als wärst du selbst Teil der Handlung – ein unbequemer Zeuge der Ereignisse.

Diese filmische Brillanz gepaart mit der erschütternden Darstellung von Owen Cooper hat der Serie Bestnoten eingebracht: 99% auf Rotten Tomatoes und 90 Punkte auf Metacritic unterstreichen die außergewöhnliche Qualität.

Der Schülelmoment: Eine einfache Frage entlarvt tief verwurzelte Misogynie

In der dritten Folge findet ein besonders aufschlussreiches Gespräch zwischen Jamie und der Gefängnispsychologin Briony Ariston (Erin Doherty) statt. Als sie ihn fragt, ob sein Vater weibliche Freunde habe, zeigt Jamies verwirrte Reaktion, wie tief die misoginen Strukturen in seinem Denken verankert sind. Dieser Moment verdeutlicht eindrucksvoll, dass nicht nur extreme Online-Ideologien, sondern auch alltägliche Sexismen im direkten Umfeld zur Radikalisierung beitragen können.

Die Serie zeigt beispielhaft, wie wichtig positive männliche Vorbilder sind, die respektvolle Beziehungen zu Frauen pflegen. Jamies Vater (Stephen Graham) ist zwar liebevoll, verkörpert jedoch unbewusst toxische Männlichkeitsbilder, die seinen Sohn prägen.

Gesellschaftliche Reaktionen und Debatten

Die immense Popularität von „Adolescence“ hat weltweit Diskussionen entfacht. Sogar der britische Premierminister Keir Starmer äußerte sich zur gesellschaftlichen Relevanz der Serie und gab an, sie mit seinen Teenagerkindern zu schauen. „Die Themen, die hier angesprochen werden, betreffen uns alle“, so Starmer in einem Interview mit der BBC.

Co-Autor Jack Thorne betont, dass die Serie bewusst „die Realität männlicher Wut konfrontieren“ will. Er erklärt: „Wir wollten zeigen, wie Jungen heutigst zu toxischen Persönlichkeiten heranwachsen können, ohne in Stereotypen zu verfallen.“

Eine Warnung für Eltern und Gesellschaft

„Adolescence“ ist mehr als nur Entertainment – die Serie fungiert als eindringliche Mahnung. Sie zeigt, wie leicht junge Menschen in den Strudel extremistischer Ideologien geraten können, wenn Eltern, Schulen und die Gesellschaft nicht aufmerksam sind.

Die Darstellung von Jamies Eltern verdeutlicht die schmerzhafte Erkenntnis, zu spät die Warnsignale erkannt zu haben. Als sie mit Jamies Online-Aktivitäten konfrontiert werden, müssen sie sich eingestehen, einen entscheidenden Teil seines Lebens vollkommen übersehen zu haben.

Besonders beunruhigend ist die Authentizität, mit der die Serie die digitale Radikalisierung darstellt. Die Algorithmen sozialer Medien, die Echokammern extremistischer Foren und der Gruppendruck unter Jugendlichen bilden einen gefährlichen Cocktail, dem viele Heranwachsende heutigst ausgesetzt sind.

Ausblick: Fortsetzung geplant?

Angesichts des überwältigenden Erfolgs wird bereits über eine zweite Staffel spekuliert. Insider berichten, dass diese möglicherweise weitere jugendrelevante Themen aufgreifen könnte, während der charakteristische One-Take-Stil beibehalten wird.

Unabhängig davon hat „Adolescence“ bereits jetzt Streaming-Geschichte geschrieben. Die Serie beweist eindrucksvoll, dass tiefgründiges Storytelling gesellschaftlich relevant und gleichzeitig fesselnd sein kann.

Alle vier Folgen von „Adolescence“ sind jetzt auf Netflix verfügbar – ein Pflichtprogramm nicht nur für Serienfans, sondern für jeden, der die Herausforderungen verstehen möchte, mit denen junge Menschen in der digitalen Ära konfrontiert sind.

Geschrieben von: RadioMonster.FM