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Wenn vom New Hollywood der 1990er Jahre die Rede ist, fällt ein Name unweigerlich: Quentin Tarantino. Mit seinem Regiedebüt „Reservoir Dogs“ schuf er 1992 nicht nur einen Kultfilm, sondern revolutionierte das Independent-Kino nachhaltig. Der Film über einen schiefgegangenen Diamantenraub und die dramatischen Folgen für die beteiligten Gangster verbindet brutale Gewalt mit lässigen Dialogen und einem unvergesslichen Soundtrack – ein Stilmix, der bis heute unzählige Filmemacher inspiriert.
Die Besonderheit von „Reservoir Dogs“ liegt in seiner unkonventionellen Erzahlstruktur. Während klassische Heist-Filme den Raubüberfall als spektakulären Höhepunkt inszenieren, verzichtet Tarantino komplett auf diese Szene. Stattdessen erlebst du die Ereignisse vor und nach dem schiefgegangenen Coup. Die Handlung konzentriert sich auf eine Gruppe von Verbrechern mit Farb-Codenamen wie Mr. White (Harvey Keitel), Mr. Orange (Tim Roth) oder Mr. Blonde (Michael Madsen), die nach dem Überfall in einem verlassenen Lagerhaus Zuflucht suchen und verzweifelt nach dem Verräter in ihren Reihen suchen.
In typischer Tarantino-Manier wird die Geschichte nicht chronologisch erzählt, sondern in Rückblenden und zeitlichen Sprünge, die nach und nach das Puzzle vervollständigen. Diese nicht-lineare Erzahlweise, die später in „Pulp Fiction“ perfektioniert wurde, war damals revolutionär und ist heute ein Markenzeichen des Regisseurs.
Was heute kaum vorstellbar erscheint: Tarantino plante ursprünglich, seinen Debütfilm mit gerade einmal 30.000 Dollar als Schwarzweiß-Film zu drehen. In einem Interview betonte er selbst: „Ich hätte Reservoir Dogs tatsächlich in 16mm für 30.000 Dollar drehen können… Ich musste keine Kompromisse eingehen.“ Diese kompromisslose Haltungen unterstreicht Tarantinos Überzeugung von seinem Projekt.
Die Wende kam durch Harvey Keitel, der vom Drehbuch so begeister war, dass er nicht nur die Hauptrolle übernahm, sondern auch als Co-Produzent einstieg. Dadurch erhöhte sich das Budget auf 1,5 Millionen Dollar – immer noch bescheiden für Hollywood-Verhältnisse, aber ausreichend für eine professionelle Produktion. „Wenn mir jemand eine Million Dollar gibt – der Film muss derselbe bleiben. Denn ich kann ihn auch für dreißigtausend machen“, erklärte Tarantino zu diesem Umstand.
Kaum eine Filmszene der 1990er Jahre hat sich so ins kollektive Gedächtnis eingebrannt wie jene, in der Mr. Blonde seinem gefesselten Opfer, einem Polizisten, bei den fröhlichen Klänen von „Stuck in the Middle with You“ das Ohr abschneidet. Das Faszinierende: Du siehst die eigentliche Verstümmelung nie. Die Kamera schwenkt in dem Moment weg, die Gewalt findet im Kopf des Zuschauers statt – ein Paradebeispiel für die Macht der Suggestion.
Diese Szene führte bei der Premiere auf dem Sundance Film Festival 1992 zu zahlreichen Zuschauer-Walkouts, darunter angeblich auch Horror-Regisseur Wes Craven. Die Kontroverse um die Gewaltdarstellung begleitet den Film bis heute, doch gleichzeitig wird gerade diese Szene für ihre filmische Brillanz gefeiert.
Ein weiteres Markenzeichen von Tarantinos Filmen ist die sorgfältige Auswahl der Musik. Für „Reservoir Dogs“ schuf er einen Soundtrack, der gezielt mit Kontrasten arbeitet: fröhliche Popmusik der 70er Jahre als Untermalung brutaler Szenen. Der Film beginnt mit „Little Green Bag“ von George Baker Selection und enthält Klassiker wie „Stuck in the Middle with You“ von Stealers Wheel.
Die Vinyl-LP „Tarantino Sounds“ versammelt 17 ikonische Tracks aus seinen Filmen, darunter auch Stücke, die in „Reservoir Dogs“ verwendet wurden. Darunter befinden sich Songs wie „Misirlou“ von Dick Dale & His Del-Tones oder „I Gotcha“ von Joe Tex – Musik, die untrennbar mit Tarantinos filmischem Universum verbunden ist.
Tarantino selbst erläutert seinen Ansatz so: „Die Leute reden einfach über Sachen und Menschen – das ist lustig, es kann unterhaltsam sein… Es macht sie irgendwie sympathisch auf seltsame Weise… Und es ist authentisch.“ Diese Authentizität zeigt sich auch in der Musikauswahl, die wie ein zusätzlicher Charakter im Film fungiert.
Heute, mehr als drei Jahrzehnte nach seiner Veröffentlichung, gilt „Reservoir Dogs“ als Meilenstein des Independent-Kinos. Die britische Filmzeitschrift Empire kürte ihn zum „Greatest Independent Film of All Time“, und er rangiert auf Platz 97 der besten Filme aller Zeiten. Der Film spielte weltweit knapp 3 Millionen Dollar ein – kein Blockbuster-Ergebnis, aber mehr als das Doppelte seines Budgets.
Wichtiger als der kommerzielle Erfolg war jedoch der kulturelle Einfluss. Ein bekannter Indie-Filmemacher formulierte es so: „RESERVOIR DOGS hat oft als einer der besten Independent-Filme aller Zeiten gegolten… Als angehender Filmemacher war Tarantinos Stil ein riesiger Einfluss; seine Herangehensweise zeigte die unbegrenzten Möglichkeiten inspirierter Musikauswahl… Der Film setzte neue Maßstäbe dafür, wie man Witz und Profanität kreativ kombiniert oder Gewalt fast schon cartoonhaft inszeniert.“
Tarantino bewies, dass man auch mit begrenztem Budget, aber unbegrenzter Kreativität einen Film schaffen kann, der die Filmwelt erschüttert. Die berühmte Szene am Anfang des Films, in der die Gangster über die Bedeutung von Madonnas „Like A Virgin“ diskutieren, läutete eine Ära selbstreferenzieller Popkultur ein. Plötzlich waren Dialoge über scheinbar belanglose Themen filmreif.
Natürlich gibt es auch kritische Stimmen. Auf Moviepilot findet sich etwa der Kommentar: „Als Tarantinofan eine klare Absage an dieses Machwerk. Es ist sein erster Film. Folgten noch rund 12 gute bis sehr gute Filme.“ Dies zeigt die kontroverse Diskussion um das Frühwerk im Vergleich zum späteren Schaffen des Regisseurs.
Unbestreitbar bleibt jedoch: Mit „Reservoir Dogs“ katapultierte sich Tarantino an die Spitze der Filmwelt und legte den Grundstein für sein nächstes Projekt „Pulp Fiction“, das seinen Status als Filmikone endgültig zementieren sollte. Der Film bewies, dass das Kino der 1990er Jahre neue Wege gehen konnte – blutig, witzig, stilbewusst und immer mit dem richtigen Soundtrack.
Geschrieben von: RadioMonster.FM
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