Musik

Unerlaubtes Sampling: Warum Alice Merton gegen Kanye West vor Gericht zieht

today26.03.2025

Hintergrund

Die deutsch-britische Sängerin Alice Merton hat Kanye West verklagt, nachdem er ohne ihre Erlaubnis ein Sample ihres Songs „Blindside“ für sein Lied „Gun to My Head“ verwendet hat. Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die komplexe Beziehung zwischen künstlerischem Schaffen, Urheberrecht und persönlichen Werten in der Musikindustrie.

Der Auslöser der rechtlichen Auseinandersetzung

Unerlaubtes Sampling: Warum Alice Merton gegen Kanye West vor Gericht zieht
Mr. Rossi, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Wie TMZ berichtet, reichte Merton ihre Klage vor einem US-Bundesgericht ein, nachdem sie im Dezember 2023 zufällig entdeckt hatte, dass West Teile ihres 2022 geschriebenen und aufgenommenen Songs „Blindside“ für sein Lied „Gun to My Head“ auf dem Album „Vultures“ verwendet hatte – ohne zuvor eine Genehmigung einzuholen.

Besonders brisant: Erst im Februar dieses Jahres, also nach der bereits erfolgten Veröffentlichung, versuchte Wests Team über BMG Rights Management nachträglich die Nutzungsrechte zu erwerben. Für Merton kam diese verspätete Anfrage jedoch aus mehreren Gründen nicht in Frage.

Mehr als nur ein urheberrechtliches Problem

In ihrer Antwort an BMG machte Merton unmissverständlich klar: „Die Werte des Künstlers stehen im Widerspruch zu unseren eigenen Werten.“ Ihre Ablehnung hat tiefere persönliche Gründe. Die Sängerin betonte ihre Besorgnis über Wests bekannte antisemitische und rassistische Äußerungen der vergangenen Jahre und verwies auf ihre eigene Familiengeschichte – einige ihrer jüdischen Verwandten haben den Holocaust überlebt.

In einem Interview äußerte Merton „ihre tiefe Besorgnis über die Auswirkungen solcher Aussagen auf die Gesellschaft.“ Diese moralische Dimension verleiht dem Fall eine Bedeutung, die über bloße Urheberrechtsfragen hinausgeht.

Konsequenzen für beide Seiten

Die Entscheidung, West die Nutzung ihres kreativen Werks zu verweigern, blieb für Merton nicht ohne Folgen. Nach ihrer Ablehnung sah sie sich mit Drohungen und Hassnachrichten von Fans des Rappers konfrontiert – ein weiteres Beispiel für die toxische Fan-Kultur, die sich in der digitalen Ära entwickelt hat.

Für Kanye West ist dies nur die neueste in einer Reihe von Kontroversen. Der Künstler hat in den letzten Jahren durch seine positiven Äußerungen zu Hitler und dem Nationalsozialismus zahlreiche Geschäftspartnerschaften verloren und sich in der Entertainment-Branche zunehmend isoliert. Bis gestern hat sich Wests Team nicht öffentlich zu der Klage geäußert.

Ein Präzedenzfall für die Musikindustrie?

Der Fall könnte weitreichende Implikationen für die Musikindustrie haben. Während Sampling eine lange Tradition in der Hip-Hop-Kultur hat, wirft Mertons Klage Fragen zur ethischen Dimension der Zusammenarbeit zwischen Künstlern auf. Dürfen persönliche Werte und politische Überzeugungen eine Rolle spielen, wenn es um kreative Kollaborationen geht?

Rechtlich gesehen steht Merton auf solidem Boden. Die unerlaubte Nutzung von Samples ist ein klarer Verstoß gegen das Urheberrecht. Doch die moralische Komponente ihrer Entscheidung könnte einen neuen Präzedenzfall schaffen, in dem Künstler nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus ethischen Gründen die Nutzung ihrer Werke kontrollieren können.

Der Ausgang dieses Rechtsstreits wird mit Spannung erwartet. Er könnte sowohl juristische Konsequenzen für West haben als auch eine weitere Debatte über seine kontroverse Persönlichkeit und die Grenzen künstlerischer Freiheit anstoßen.

Geschrieben von: RadioMonster.FM