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ZDF-Krimi Stralsund: Der letzte Sieg – Wenn DDR-Doping tödliche Spuren bis in die Gegenwart zieht

today13.04.2025

Hintergrund

Die dunklen Schatten des DDR-Staatsdopings reichen bis in die Gegenwart – das zeigt eindrucksvoll der neue Stralsund-Krimi „Der letzte Sieg“, der heute Abend im ZDF zu sehen ist. Ein toter Sportjournalist, ein kranker Ex-Olympiasieger und eine junge Frau auf der Suche nach Wahrheit über ihre verstorbene Mutter bilden die Eckpfeiler eines Falls, der die Ermittler Karl Hidde und Jule Zabek tief in die Abgründe des DDR-Leistungssports führt. Der Film verspricht, ein brisantes Kapitel deutscher Sportgeschichte aufzuarbeiten – aber gelingt ihm das wirklich?

Zwischen Vergangenheitsbewältigung und Krimi-Spannung

ZDF-Krimi Stralsund: Der letzte Sieg - Wenn DDR-Doping tödliche Spuren bis in die Gegenwart zieht

Die Leiche des Sportjournalisten Arne Ammer wird aus dem Strelasund geborgen – ein Fall, der auf den ersten Blick wie ein gewöhnlicher Mord erscheint. Doch schnell führen die Spuren zu Andy Block, einem einst gefeierten DDR-Gewichtheber und Olympiasieger, der heute als kranker Hausmeister einer Ferienanlage arbeitet. Als die Ermittler Karl Hidde (Alexander Held) und Jule Zabek (Sophie Pfennigsdorf) in seinem Haus einen verdächtigen Blutfleck entdecken, überrascht Block mit einem unerwarteten Geständnis – das jedoch voller Widersprüche steckt.

Gleichzeitig verschwinden brisante Unterlagen aus dem Landesarchiv, die sich mit dem frühen Tod der DDR-Schwimmerin Kornelia Hildebrandt befassen. Ihre Tochter Silvana ist überzeugt, dass ihre Mutter nicht an einem natürlichen Herzfehler starb, sondern Opfer des systematischen Dopings wurde, das unter dem Tarnbegriff „Staatsplanthema 14.25“ im DDR-Leistungssport praktiziert wurde.

Ein Generationenkonflikt zwischen den Ermittlern

Besonders interessant ist die unterschiedliche Herangehensweise der beiden Hauptfiguren an das Thema. Der ältere Hidde, der die DDR-Zeit noch selbst erlebt hat, behandelt das Staatsdoping mit einer gewissen Abgeklärtheit. Er erkennt in Andy Block sofort sein einstiges Sportidol wieder und zeigt Verständnis für die komplexen Verstrickungen jener Zeit.

Seine jüngere Kollegin Zabek hingegen, geboren nach der Wende, reagiert mit Empörung und ungebremster Wut auf die Ungerechtigkeiten des Systems. Ihr ausgeprägter Gerechtigkeitssinn treibt sie voran, manchmal auch im Alleingang, was die ohnehin angespannte Beziehung zum erfahrenen Hidde nicht verbessert. Diese Dynamik zwischen den Generationen hätte das Potential für tiefgründige Dialoge über Schuld, Verantwortung und historische Aufarbeitung – bleibt aber leider oft an der Oberfläche.

Die Schattenseiten des DDR-Sports

Der Film nimmt sich eines wichtigen Themas an: Die systematische Körperverletzung durch Doping im DDR-Leistungssport, bei dem Erfolge um jeden Preis erzielt werden sollten. Viele Athletinnen und Athleten bekamen die blauen Pillen – das berüchtigte Oral-Turinabol – ohne ihr Wissen verabreicht, während sie als „Diplomaten im Trainingsanzug“ für das Ansehen der DDR sorgen sollten.

Die Historikerin Jutta Braun betonte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk die Hilflosigkeit vieler Betroffener: „Viele verstehen nicht, dass man 1972 das Wort ‚Oral-Turinabol‘ nicht einfach googeln konnte.“ Die Sportler standen unter enormem physischen und psychischen Druck, dem sie kaum entkommen konnten.

Auch die ehemalige DDR-Turnerin Dagmar Kersten, selbst Doping-Opfer, bringt es auf den Punkt: „Lieber als die Medaille hätte ich eine Kindheit gehabt.“ Solche Stimmen verdeutlichen das männliche Leid hinter den sportlichen Erfolgen des DDR-Systems.

Ein Film mit ungenutztem Potential

Leider schafft es „Der letzte Sieg“ nicht ganz, diesem gewichtigen Thema gerecht zu werden. Die eigentliche Kriminalhandlung wirkt stellenweise konstruiert und dient eher als Vehikel, um das historische Thema zu transportieren. Dabei bleibt der Film oft an der Oberfläche, anstatt tiefer in die moralischen und emotionalen Dimensionen einzutauchen.

Besonders die Darstellung von Andreas Anke als gebrochener Ex-Sportler Andy Block berührt und überzeugt. Seine Figur verkörpert das Dilemma vieler ehemaliger DDR-Athleten, die zwischen Ruhm und gesundheitlichen Spätfolgen, zwischen Systemtreue und persönlicher Verantwortung zerrissen sind.

Die visuelle Gestaltung des Films setzt auf melancholische Stimmungen und stark bearbeitete Bilder, was die düstere Atmosphäre unterstreicht, manchmal aber auch etwas überinszeniert wirkt. Die Kombination aus Krimi und historischem Drama gelingt nur teilweise – zu viele offene Fragen bleiben unbeantwortet, zu viele Chancen für tiefgründigere Auseinandersetzungen ungenutzt.

Sehenswert trotz Schwächen

Trotz aller Kritikpunkte ist „Stralsund – Der letzte Sieg“ ein sehenswerter Krimi, der ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte aufgreift. Die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit, insbesondere des systematischen Dopings im Spitzensport, bleibt auch mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung ein relevantes Thema.

Wenn du dich für die Schattenseiten des Leistungssports oder die komplexen Nachwirkungen des DDR-Systems interessierst, bietet dir dieser Film durchaus Denkanstöße. Die starken schauspielerischen Leistungen, besonders von Andreas Anke und dem Ermittler-Duo Held/Pfennigsdorf, entschädigen für manche dramaturgische Schwäche.

Der ZDF-Krimi „Stralsund – Der letzte Sieg“ wird heute Abend um 20:15 Uhr ausgestrahlt und ist bereits in der ZDF-Mediathek verfügbar. Ein Film, der mehr verspricht als er letztendlich hält – aber dennoch wichtige Fragen aufwirft, die bis heute nachwirken.

Geschrieben von: RadioMonster.FM