Wirtschaft & Politik

ZF in der Krise: Autozulieferer kämpft mit Milliardenverlust und unsicherer Zukunft

today20.03.2025

Hintergrund

Der renommierte Autozulieferer ZF durchlebt aktuell eine der schwersten Krisen seiner Unternehmensgeschichte. Mit einem Verlust von knapp einer Milliarde Euro im Jahr 2024 steht der Konzern vor enormen Herausforderungen. Die Zukunft wichtiger Standorte wie Saarbrücken hängt in der Schwebe, während das Management nach strategischen Partnerschaften sucht und einen umfassenden Personalabbau plant. Die Transformation der Automobilbranche und die schleppende Entwicklung der E-Mobilität setzen dem traditionsreichen Unternehmen massiv zu.

Die finanzielle Talfahrt von ZF

ZF in der Krise: Autozulieferer kämpft mit Milliardenverlust und unsicherer Zukunft

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im vergangenen Jahr verzeichnete ZF einen dramatischen Umsatzrückgang von etwa elf Prozent auf 41,4 Milliarden Euro. Besonders alarmierend ist der Verlust nach Steuern von fast einer Milliarde Euro – ein drastischer Absturz im Vergleich zum Vorjahr, als noch ein Gewinn von 126 Millionen Euro in den Büchern stand.

Vorstandschef Holger Klein machte bei der gestrigen Präsentation der Geschäftszahlen keinen Hehl aus der prekären Situation: „Das Jahr 2024 hat deutlich gemacht, unter welch enormem Druck unsere Branche und damit auch unser Unternehmen steht.“ Als Hauptgründe für die negative Entwicklung nannte er Rückstellungen für die Unternehmenssanierung in Höhe von 600 Millionen Euro, zunehmenden geopolitischen Druck, eine schwache Konjunktur und die enttäuschende Nachfrage nach Elektrofahrzeugen.

Hohe Schulden und dringender Handlungsbedarf

Die finanzielle Belastung wird durch die enorme Verschuldung des Konzerns von über 10 Milliarden Euro noch verschärft. Zinskosten und teure Beratergebühren belasten die Bilanz zusätzlich. Das bereinigte EBIT fiel auf rund 1,5 Milliarden Euro – ein Rückgang von 900 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr.

Klein betonte die Notwendigkeit tiefgreifender Veränderungen: „Wir haben keine andere Möglichkeit, als an den Grundfesten von ZF zu rütteln und gemeinsam herauszufinden, was der Weg in eine gute und aussichtsreiche Zukunft ist.“ Der eingeschlagene Sanierungskurs zeige zwar erste Fortschritte, dennoch bleibe die Gesamtlage äußerst angespannt.

Das Schicksal der Antriebssparte und des Standorts Saarbrücken

Besonders im Fokus steht die Zukunft der Antriebssparte, zu der auch das Werk in Saarbrücken mit seinen rund 8.500 Beschäftigten gehört. Klein ließ durchblicken, dass eine Zusammenarbeit mit Partnern unumgänglich sei, da die E-Mobilität langsamer als erwartet vorankomme und der Wettbewerbsdruck zunehme.

„Aktuell prüfen wir, welcher Weg in eine erfolgreiche Zukunft führt. Dabei geht es zunächst um Partnerschaften“, erklärte Klein und fügte hinzu: „Uns ist wichtig: Ein möglicher Partner soll unser Herz gewinnen, nicht herausreißen.“ In Saarbrücken wurden 2024 etwa 2,2 Millionen Automatikgetriebe produziert – doch wie lange noch, bleibt ungewiss.

Drastischer Personalabbau bereits im Gange

Die Anpassung der Personalstruktur ist in vollem Gange: ZF hat angekündigt, bis Ende 2028 insgesamt bis zu 14.000 Arbeitsplätze in Deutschland abzubauen. Bereits 4.000 Stellen wurden reduziert, davon 1.300 allein in Saarbrücken. Zum Jahresende 2024 beschäftigte der Konzern weltweit 161.631 Mitarbeiter – ein Rückgang von rund vier Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Weitere Einschnitte für das laufende Jahr werden nicht ausgeschlossen. Die Stimmung unter den Beschäftigten ist entsprechend angespannt, viele fürchten um ihre berufliche Zukunft in einem Unternehmen, das lange als verlässlicher Arbeitgeber galt.

Führungswechsel im Aufsichtsrat

Inmitten dieser turbulenten Phase kommt es auch zu Veränderungen in der Führungsebene: Der Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich Hiesinger legt sein Amt nieder. Sein Nachfolger wird Rolf Breidenbach, der ehemalige Chef des Automobilzulieferers Hella. Breidenbach und Vorstandschef Klein kennen sich bereits aus ihrer gemeinsamen Zeit bei der Unternehmensberatung McKinsey – ein Umstand, der möglicherweise zu einer reibungsloseren Zusammenarbeit in der Krisenbewältigung beitragen könnte.

Vorsichtiger Ausblick für 2025

Trotz aller Herausforderungen gibt sich das Management für das laufende Jahr vorsichtig optimistisch. ZF erwartet einen stabilen Umsatz von über 40 Milliarden Euro. Allerdings bleibt das Marktumfeld herausfordernd, und der Erfolg der eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen ist keineswegs garantiert.

Die kommenden Monate werden entscheidend sein für die Zukunft des Traditionsunternehmens. Ob die Strategie der Partnerschaften in der Antriebssparte aufgeht und inwiefern der Standort Saarbrücken davon profitieren kann, bleibt eine der drängendsten Fragen für tausende Beschäftigte und die gesamte Region.

Geschrieben von: RadioMonster.FM


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